needle-5003627

Neuraltherapie

1925 wurde von Ferdinand Huneke entdeckt, dass die Injektion eines örtlich betäubend wirkenden Mittels nicht nur ein begrenztes Gewebegebiet vorübergehend schmerzunempfindlich macht, sondern Schmerzen sogar anhaltend gelindert werden können. Während seiner Studien beobachteten er und sein Bruder, dass die schmerzlindernde Wirkung des Mittels nicht wie erwartet über den Blutweg, sondern über das viel schneller leitende vegetative Nervensystem erfolgte. Deswegen setzte die Wirkung in einigen Fällen schon innerhalb weniger Sekunden ein. Dies wird in der Neuraltherapie als „Sekundenphänomen“ bezeichnet.  

In der Neuraltherapie geht man davon aus, dass örtlich begrenzte Reizzustände, sogenannte Störfelder, Nervenbahnen so reizen können, dass sie auch in entfernten Körperregionen chronische Beschwerden auslösen und in Gang halten können.

Dabei kann jede krankhaft veränderte Stelle des Körpers und jedes krankhaft veränderte Organ zum Störfeld werden. Durch die von diesem Störfeld ausgelöste permanente Reizung entsteht für den Körper ein Dauerstress, der seine eigenen Regulationsmechanismen stört und zu einer „Regulationsstarre“ führt. Die Neuraltherapie unterbricht diese Starre mit Hilfe des injizierten Lokalanästhetikums und der auslösende Herd erhält so wieder Anschluss an das gesamtkörperliche Geschehen.

Zwischen der Entstehung eines Störfelds und der Entstehung dadurch bedingter Beschwerden können Jahre vergehen, was eine besonders genaue Befunderhebung nötig macht. Die Neuraltherapie kann sowohl therapeutisch zur Behandlung als auch diagnostisch zur Störfeldsuche eingesetzt werden. Häufige Störfelder finden sich z. B. an Narbenverläufen, im Zahn- und Kieferbereich oder an den Mandeln.

Anwendungsgebiete

  • Arthrose
  • Asthma bronchiale
  • Bluthochdruck
  • Bronchitis
  • Chondropathia patellae (Knorpeldegeneration der Kniescheibe)
  • Colitis ulcerosa (Darmentzündung)
  • Epikondylitis (Entzündung des Ellenbogengelenks)
  • Fettleber
  • Gicht
  • Gastritis
  • Gefäßerkrankungen (z. B. Krampfaderleiden, chronisch venöse Insuffizienz)
  • Harnwegsinfekte
  • Gallensteine
  • Herzbeschwerden, funktionelle (Herzbeschwerden ohne organische Ursache)
  • Hörsturz
  • Karpaltunnelsyndrom (Handwurzelschmerz durch Nervenkompression)
  • Kopfschmerz
  • Kollagenosen (systemisch-entzündliche Bindegewebserkrankungen)
  • Lebererkrankungen
  • Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
  • Lumbago („Hexenschuss“)
  • Lymphödem (Schwellung durch Einlagerung von Gewebeflüssigkeit)
  • Migräne
  • Morbus Bechterew (entzündlich-rheumatische Erkrankung)
  • Morbus Crohn (Darmentzündung)
  • Morbus Menière (Drehschwindel mit Schwerhörigkeit und Ohrgeräuschen)
  • Morbus Scheuermann (Wirbelkörperreifestörung)
  • Morbus Sudeck (Folgeerkrankung gelenknaher Knochenbrüche)
  • Neuralgien
  • Oesophagitis (Entzündung der Speiseröhre)
  • Osteoporose
  • Otitis media (Mittelohrentzündung)
  • Postherpetische Neuralgie (Schmerzsyndrom nach Herpes Zoster)
  • Reizdarm-Syndrom
  • Rheumatoide Arthritis
  • Rhinitis (Schnupfen)
  • Roemheld-Syndrom (Herzbeschwerden aufgrund eines überblähten Magens)
  • Schulter-Arm-Syndrom
  • Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung)
  • Tendopathien (Erkrankungen der Sehnen)
  • Traumata (z. B. Knochen-, Muskel- oder Bänderverletzungen)
  • Trigeminusneuralgie (Entzündung eines Gesichtsnervs)
  • Ulcus cruris („offenes Bein“)
  • Urolithiasis (Nierensteine)

Gegenanzeigen / Kontraindikationen / Risiken

Die Neuraltherapie darf nicht angewendet werden bei schweren Infektionskrankheiten, immunologischen Erkrankungen, bestimmten Allergien (vor allem gegen das Lokalanästhetikum!), akuten Entzündungen des betreffenden Hautareals oder Blutgerinnungsstörungen. Patienten mit sehr niedrigem Blutdruck oder Kollapsneigung sollten darüber im Vorfeld mit ihrem behandelnden Heilpraktiker sprechen.

Bei sachgerechter Anwendung sind mögliche Nebenwirkungen wie Irritationen von Nerven, Gefäßen oder Organen durch die Injektionsnadel selten. Es kann jedoch zu einer minimalen Blutung, einem kleinen blauen Fleck an der Einstichstelle oder zu einem „Muskelkater-Gefühl“ im Bereich der Injektionen kommen.

Was kann die Neuraltherapie nicht?

Sie vielseitig die Heilungsmöglichkeiten mit Procain auch sind, ein Allheilmittel ist es nicht! Den Erfahrungen nach sind folgende Erkrankungen nicht durch Neuraltherapie heilbar oder wesentlich beeinflussbar:

  • Geisteskrankheiten
  • Seelisch bedingte Krankheiten 
  • Mangelkrankheiten
  • Erbkrankheiten
  • Parkinson
  • Multiple Sklerose
  • Krebserkrankungen
  • Parasitenbehandlung

Was ist nach der Behandlung zu beachten?

Unmittelbar nach der Behandlung kann es manchmal für wenige Minuten zu einem mehr oder weniger stark empfundenem Rausch- oder Schwindelgefühl kommen. Dies ist völlig harmlos und vergeht nach wenigen Minuten von allein wieder. Nach der Behandlung empfiehlt es sich, noch eine Viertelstunde in der Praxis zu bleiben. In äußerst seltenen Fällen kann es nach der Behandlung zu einem allergischen Hautausschlag kommen, dies sollten Sie vor der nächsten Behandlung mitteilen.  Gelegentlich kommt es vor, dass die neuraltherapeutische Behandlung als Provokation auf das gesamte vegetative System wirkt und Schmerzen an gar nicht behandelten Stellen auftreten. Dies sind alte Störfelder, die sich bisher stumm verhalten haben. Dies ist für den Therapeuten ein ganz wesentlicher Hinweis für eine weitere erfolgreiche Behandlung.